Page 1 - Willy Blaser - Mabuhay
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Nepal / Tibet (RB05 / 28.05.2000)


Eines der ärmsten Länder der Welt


Gemäss einer kürzlichen Meldung in der englischen Tageszeitung “Kathmandu Post” leben 42
% der 22 Millionen Menschen zählenden Bevölkerung unter dem Existenzminimum. Damit
gehört Nepal zu einem der ärmsten Länder der Welt und ist auf ausländische Hilfe
angewiesen. Die Bettler in den Strassen von Kathmandu haben damit nichts zu tun. Diese sind
ausschliesslich indischer Nationalität. Um Erbarmen bei den Touristen zu erwecken, werden
die kleinen Kinder in dreckige Lumpen gekleidet. Morgens werden die “Krüppel” in das
Touristenviertel gekarrt. Und es ist sagenhaft, wieviel Geld diese von den Touristen erhalten!

Ich habe dem Treiben eine Weile lang zugeschaut. Ein Nepali meinte, dass diese Bettler mehr
Geld verdienen als ein Arbeiter, der den ganzen Tag schuftet. Nun, wer arbeitet, ob in Nepal
oder in der Schweiz, ist sowieso immer der Dumme. Die meisten haben es nur einfach noch
nicht gemerkt. Dass viele um ihre tägliche Existenz kämpfen, erfährt man jedoch in den
Gesprächen. Zu Beginn meines Aufenthaltes habe ich mich öfters mit verschiedenen Leuten in
Hotels, Restaurants, Läden etc. in freundschaftliche Gespräche eingelassen, doch alle endeten

immer mit der Bitte um Geld. Als Konsequenz meide ich seither näheren Kontakt mit
Nepalesen. Auch während meines Trekkings liess mir mein Guide mehrmals in unseren
angeregten Diskussionen verlauten, wie er dringend finanzielle Unterstützung braucht und
auch erwartet. Obwohl ich für die Situation der Leute volles Verständnis habe, wird es mit der
Zeit lästig, immer für Geld angefragt zu werden. Lästig sind auch die zahlreichen Händler,
welche Dir immer zu “cheap price” Musikinstrumente, Tigerbalsam, Gurkha-Messer, Mini-
Schachspiele und vieles mehr verkaufen wollen. Du kannst kaum etwas in Ruhe anschauen,
ohne ständig von diesen angesprochen zu werden. Dies führt mit der Zeit dazu, dass man sie
gar nicht mehr wahrnimmt und richtiggehend ignoriert. Als ich mich diesbezüglich mit einem

jungen Guide am Durbar Square unterhalte und meinem Ärger darüber Ausdruck gebe, macht
er mir den Vorwurf, dass die Touristen die Händler verstehen müssten. Es sind aber immer die
Touristen, welche die anderen verstehen müssen, nie die anderen die Touristen.


























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