Page 10 - Willy Blaser - Mabuhay
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Guilin nach Hong-Kong sind es nochmals etwa 600 km! Habe ich das ganze nicht etwas
unterschätzt? Soll ich nicht lieber direkt nach Manila fliegen? Für 290 US $ wäre ich innerhalb
eines Tages dort, wäre im Sunset Garden, am Swimming-pool. Ich werde dort auch von einer
netten jungen Dame sehnlichst erwartet. Doch nein, mein "Grind" gibt es nicht zu, die
geplante Weiterreise abzusagen. Ich habe Vientiane-Hue geschafft, weshalb sollte ich nicht
Hanoi-Guilin/Hong-Kong schaffen? Aber dann ist Schluss mit dieser mühsamen Reiserei! Ich
habe die Nase endgültig voll. In einem der zahlreichen Sinh-Cafe gebe ich meinen Pass, 2
Passfotos und 40 US $ ab. Das chinesische Visum ist am Donnerstagmorgen abholbereit. Ich
lasse mir auch ein Platz im Schlafwagen für Freitagabend reservieren. Der Preis des Bahnbillets
nach Guilin - Quelam auf vietnamesisch - ist lustigerweise in Schweizer Franken angegeben!
Sfr. 74.25. Jetzt habe ich fünf volle Tage zur Verfügung. Es gäbe in und um Hanoi etliches zu
unternehmen. Die Halong-Bucht mit ihren 3000 bizzar geformten Inseln, die aus dem klaren,
smaragdgrünen Wasser des Golf von Tonkin herausragen, gehört zu den grössten
Naturschönheiten Vietnams. Doch da war ich schon. Am meisten hätte mich die Besteigung
des höchsten Berges von Vietnam, den 3143 Meter hohen Fansipan, gereizt. Meine
Bergschuhe habe ich aber in Thailand gelassen. Aber auch sonst hätte es vermutlich nicht
geklappt, denn für die 4tägige Tour (US $ 114 pro Person) braucht es im Minimum 2 Personen.
So habe ich mir fest vorgenommen, die Besteigung im Dezember 2002 nachzuholen.
Interessierte sind herzlich eingeladen, sich der Tour anzuschliessen. Oder dann eine Tour nach
Sapa (1600 m u.M.), welches in der Nähe der chinesischen Grenze inmitten einer traumhaften
Berglandschaft liegt. Einziger Nachteil: um nach Sapa und zurück nach Hanoi zu gelangen,
müsste ich zwei weitere Nächte im Zug verbringen. Mir graut schon vor der Fahrt vom
nächstem Freitag. Also, lasse ich es. Weiter würde mich ein Ausflug nach Dien Bien Phu sehr
interessieren. Der Flug hin und zurück kostet 100 US $. Doch auch dies ist nicht möglich.
Erstens fliegen die nicht jeden Tag und wenn, fliegen sie gleich wieder zurück, damit man ja
dort noch übernachten muss. So etwas blödes. Es gibt auch Tagestouren. Als ich mich dazu
entschliesse wenigstens eine Tour in die Umgebung von Hanoi zu unternehmen, beginnt es zu
regnen. Es wird ungemütlich und kalt. Um die 20 Grad Celcius. Ich muss abends meinen Helly-
Hansen anziehen. Während zwei Tagen regnet es. Scheusslich. Zum Glück bin ich nicht in die
Berge nach Sapa gefahren. So vergehen die Tage. An einem Tag geht man zur Post, um
Briefmarken zu kaufen, am anderen Tag bringt man die Postkarten wieder hin. Um die Zeit
totzuschlagen, sitze ich morgens, mittags und abends in den Internet-Cafes. Die Stunde kostet
nur 6000 Dong, nicht einmal einen halben Dollar. Umweit meines Hotels befindet sich der
Hoan Kien-See, "der See des zurückgegebenen Schwertes" mit der Schildkrötenpagode. Die
Legende besagt, dass hier Kaiser Ly Thai To Mitte des 15. Jahrhunderts vom Himmel ein
Schwert erhalten habe, das er zur Vertreibung der Chinesen aus Vietnam benutzte. Nach dem
Krieg traf er eines Tages bei einer Bootsfahrt auf eine riesige goldene Schildkröte, die an der
Wasseroberfläche schwamm. Das Tier entriss ihm das Schwert und verschwand in der Tiefe
des Sees, um es seinem göttlichen Eigentümer zurückzubringen. Dieser See ist ein idealer Ort,

