Page 11 - Willy Blaser - Mabuhay
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um sich an seinem Ufer im Schatten der grossen Bäume vom lärmenden Verkehr zu erholen.
Es gibt einige Restaurants, die aber ausschliesslich von Ausländern besucht werden. Statt der
erhofften Erholung treiben mich die unzähligen Verkäufer und Schlepper auf die Palme. Man
kann kaum zwei Minuten promenieren ohne "angequatscht" zu werden. Die Postkarten- und
Bücherverkäufer sind die schlimmsten. Alle dreissig Meter steht einer. Auch Schuhputzer,
Geldwechslerinnen, Souvenirverkäuferinnen stürzen sich wie Piranhas auf die Ausländer.
Herrgott, sind wir eigentlich Freiwild? Ich werde schon hässig, wenn ich einen
Postkartenverkäufer von weitem sehe. Es kommt zu Wortgefechten. Ich mag sie nicht mehr
sehen. Auch die anfänglich lustigen "Uhu, Uhu" Zurufe der Cyclofahrer fallen mir auf die
Nerven. Und dann diese Motorradtaxis! Hundert mal tönt es von allen Seiten "Motorbike, do
you like Motrobike?" Ich halte das nicht mehr aus. Am wohlsten fühle ich mich noch im
Hotelzimmer. Doch ich habe total den "Läckmer". Auch die Kassette mit meiner Lieblingsmusik
bringt keinen Stimmungsumbruch. Ich könnte heulen...
Bild links: Hoan Kiem See - Bild rechts: die Hauptpost
Übung abgebrochen!
Endlich ist es Donnerstag. Ich habe überhaupt keine Lust mehr irgendetwas zu unternehmen.
Ob es in dieser Verfassung überhaupt noch Sinn macht, nach China zu reisen? Ich muss mich
entscheiden, ansonsten werde ich noch verrückt. Ich entscheide mich dazu, die Reise
abzubrechen. Das chinesische Visum kann ich nicht mehr stoppen, doch das Bahnbillett wird
mir voll zurückvergütet. Nun also ab auf dem schnellsten Weg in die Philippinen. Denkste! Alle
Flüge sind ausgebucht. In 5 Tagen wäre ein Platz frei! Noch einmal fünf Tage in Hanoi
verbringen? Ohne mich. Ich buche kurzfristig einen Flug mit der Thai International nach
Bangkok. Von dort wird es kein Problem sein, nach Manila zu fliegen. Hätte ich nicht am
Freitagmorgen für meine Schwester zwei Ao Dais (die typischen vietnamesischen
Frauenkleider) bei einem Schneider abholen müssen, wäre ich schon am Nachmittag geflogen.
So harre ich einen weiteren Tag in Hanoi aus. Seit ich mich zur Abreise durchgerungen habe,
fühle ich mich wesentlich erleichtert. Ich habe sogar an dem Treiben in den Gassen wieder
Freude. Als ich am nächsten Morgen die Ao Dais an der Hang Gai Street abhole, bedaure ich

