Page 1 - Willy Blaser - Maopai
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Nicht wesentlich anders als bei uns


Aus den spärlichen Reaktionen zu schliessen, scheinen meine Berichte die Leser zu amüsieren

und werden sogar als „Lese-Delikatesse“! bezeichnet (siehe Einträge in meinem Gästebuch).
Objektive Berichte über ein Land und dessen Einwohner zu verfassen ist keine einfache Sache.
Es gibt auf den Philippinen verschiedene Völker mit unterschiedlichen Traditionen, Lebens-
und Denkweisen. Die Philippinen sind ein grosses Land. Siebentausendeinhundert Inseln. Von
Norden bis Süden erstreckt sich der Archipel über 1567 Kilometer und von Osten nach Westen
1045 Kilometer. Wenn ich mich in meinen bisherigen Berichten manchmal recht kritisch
geäussert habe, möchte ich beim Leser aber kein negatives Bild über das Land erwecken. Ich

beschreibe lediglich was ich selber hier bei den Warai-Warai (so heissen die Einwohner der
Provinz Samar), in meinem Dorf, in meiner Umgebung, aus Sicht eines kritischen Schweizers
der grossen Wert auf Ordnung, Exaktheit, Pünktlichkeit und Sauberkeit legt, sehe und erlebe.
Ich stelle dabei fest, dass vieles eigentlich gar nicht so anders als bei uns zu Hause ist. Wir
haben überhaupt keinen Grund uns besser oder gescheiter zu betrachten, im Gegenteil. Wenn
ich von Kollegen höre, mit was für Problemchen die Politiker und die Leute in der Schweiz
beschäftigt sind und was am Stammtisch so alles diskutiert wird, dann ist es unsere
Gesellschaft nämlich die total am „verblöden“ ist.


Seit über einem Jahr lebe ich nun in meinem kleinen Dorf in der Provinz Eastern Samar. Die
bisherige Erfahrung hat mir gezeigt, dass diese „armen“ Leute, so wie wir sie im Westen

bezeichnen, vielmals halt auch aus Selbstverschulden arm sind und auch bleiben werden.
Wohlverstanden, Ich meine damit nicht jene Leute die durch Naturkatastrophen zu Schaden
gekommen sind. Es gibt Völker auf dieser Erde die wirklich unter sehr schwierigen
Bedingungen leben müssen. Ich denke da an die Eskimos oder die Einwohner der Sahelzone
oder die Sherpas auf über 4000 Meter. Aber hier wächst alles. Viele der Leute sind ganz
einfach schlicht zu faul und auch zu wenig clever. Ich erlebe dies fast tagtäglich. Viele ihrer

Probleme könnten sie auch leicht verhindern, würden sie etwas weiter als ihre Nase, und die
ist ja schon kurz, denken. „Das ist halt unsere Lebensweise!“ kommt dann meisten als
Antwort. Tja, dann ändert diese halt! Viele der Leute sind in ihrer Evolution vom Affen zum
Menschen noch etwas zurück und daher in ihrer Lebensweise rückständig geblieben. Von
Leuten mit höherer Schulbildung, sog. Graduates, habe ich jedoch dafür kein Verständnis. Ich
habe für die Bewohner auch kein Erbarmen mehr. In diesem Lande ist nämlich genügend Geld
vorhanden um die Armut zu bekämpfen. Wussten Sie dass es in den Philippinen drei Dollar-
Milliardäre gibt? Eines ist jedoch sicher. Die Leute hier in meinem Dorf, obwohl arm und ohne

grosse Bildung, sind glücklich, fröhlich und sehr gastfreundlich. Dies ist wohl das wichtigste.
Und die Philippinen würde ich als bestes Land der Welt bezeichnen, man muss nur auf der
richtigen Seite stehen.



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