Page 5 - Willy Blaser - Maopai
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im Tank war! Dass sich in diesem Lande nicht mehr Leute gegen solche Missstände

opponieren, kann einer Regierung nur gelegen sein. Wer jedoch opponiert, wird hier
kaltblütig "erledigt". Meldungen der Tageszeitung „Philippine Daily Inquirer“ zufolge, sind
unter der Arroyo Administration gewaltsames Verschwinden und aussergerichtliche
Hinrichtungen, auch als politische Morde bezeichnet, systematischer geworden und haben ein
beängstigtes Ausmass angenommen. Und dies in einem so sehr christlichen und
demokratischen Land! Aber auch dies ist scheinbar Gottes Willen. Weshalb man lieber

schweigt ist daher gut verständlich. Gemäss Teddy Casina, einem Menschenrechtsadvokat,
sollen von den neunhundert! Ermordungsfällen seit 2001, lediglich vier Täter verurteilt
worden sein (siehe www. pinoyhr.net/index_de.php).


Das 11. Gebot


„Du sollst Deine Schulden unaufgefordert zurück bezahlen“, so heisst das 11. Gebot!
Niemanden scheint dieses Gebot der Bibel zu kennen. Klar, denn die Verfasser der Bibel,
hatten damals auch gerade Schulden, so kam ihnen dies, wie vieles andere dass sie nicht
verstanden, nicht gelegen und liessen es aus. Wie ich in einem früheren Bericht schon
beschrieben habe, läuft ohne „Utang“ – Schulden hier nichts. Pfandhäuser und Geld entlehnen
ist ein „dickes“ Geschäft, birgt jedoch auch gewisse Risiken in sich. In der Regel ist für ein
Darlehen ein Zins von 13% zu bezahlen. Vielmals wird jedoch das nicht legale „5-6“ Geschäft
betrieben: ich gebe Dir heute 100 Pesos, Du zahlst mir morgen 120 zurück. Dies ist gang und

gäbe. Seit letzten November sind auch wir in dieses Geschäft eingestiegen. Unser Zins beträgt
„nur“ 10% pro Monat. Derzeit haben wir neunzehn Kunden. Ab und zu müssen die Leute an
den zu bezahlenden Zins erinnert werden, doch bisher läuft das Business nicht allzu schlecht.
Ob es allerdings ein gutes Geschäft ist, werde ich erst sagen können, wenn die Kredite
vollumfänglich zurück bezahlt sind.


Die Ausstände im Laden betragen dagegen nach wie vor mehr als Achttausend Pesos. Für etwa
ein Drittel der Summe besteht wohl keine grosse Hoffnung mehr. Ein Betreibungsamt gibt es
hier nicht, so werden wir es wohl abschreiben müssen. Wenn man die Leute nicht ständig

mahnt, drängt und ihnen das Messer an die Gurgel setzt, dann geschieht nichts. Wir sind
schliesslich ein Sari-Sari und keine karikative Institution.


Fortschritt in Samar

Jedes Mal wenn ich am grossen Plakat mit den Fotos der Präsidentin, des Gouverneurs und

des Bürgermeisters mit der Aufschrift „Fortschritt in Samar“ vorbei gehe, muss ich nur lächeln.
Ein typischen Wahlversprechen. Ich lebe nun bald zwei Jahren hier, von Fortschritt habe ich

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