Page 5 - Willy Blaser - Mabuhay
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Bettler, Schlepper und Nepper


Auch am Connaugt Place ist man leider fortwährenden Annäherungsversuchen von
Schleppern ausgesetzt, welche die Touristen mit allerlei Tricks ködern. Ein wenig stolz bin ich,
nicht auf den Trick der Schuhputzer hereingefallen zu sein. Wenigstens einmal bin ich nicht
"gelegt" worden, vermutlich aber nur, weil ich vom Trick vorher schon gehört hatte. Mit einer
Präzision ohne gleichen und ohne dass man etwas bemerkt, landet auf Deiner Schuhspitze ein
grosser Dreck. Wie die das machen, bleibt mir ein Rätsel. "Sir, Sie haben da etwas auf dem
Schuh, kann ich es putzen?". Solche Tricks sind harmlos. Wesentlich gefährlicher sind die

bewusst herbeigeführten Lebensmittelvergiftungen um die Reisenden zum Aufsuchen eines
Arztes zu bewegen. Dieser stellt dann überhöhte Rechnungen aus, die der Tourist seiner
Versicherung vorlegen soll. Beinahe zur Weissglut treiben mich die Hunderten von
Velorikschas, Tempos und Schlepper. Wohin man geht, überall wird man belästigt und
bedrängt. Ja, ich weiss, die kämpfen auf ihre Weise um jede Rupie. Aber dennoch. Wenn sie
nur nicht so aufsässig wären. Wenn ich sage ich will kein Rikscha zum Red Fort, dann will ich
keines. Auch das ständige Betteln wird mit der Zeit lästig. Obwohl die Armut in Indien nach

wie vor gross ist, muss man wissen, dass Bettler vor Hotels und Sehenswürdigkeiten einer
organisierten Gilde angehören, die darauf trainiert sind, beim Fremden Mitleid zu erwecken.
Vor allem die Kinder, die einem mit ihren grossen schwarzen Augen anblicken, müssen ihren
"Verdienst" an Mafia-Organisationen abgeben. Im Schatten der staatlichen Touristenbüros
haben sich auch zahlreiche kleine Reisebüros etabliert. Oftmals verkauft man dem Touristen
überteuerte Touren nach Agra oder Jaipur. Am anderen Morgen wartet man dann vergeblich
auf den versprochenen Bus. Da ich keine Chance sehe, mich jemanden für den geplanten Trip
zu den Ganges-Quellen anzuschliessen, annulliere ich diesen kurzfristig. Mein nächstes Ziel ist

eine Reise nach Darjeeling, zum Kangchendzunga, dem dritthöchsten Berg der Welt. Trotz aller
Vorwarnungen, folge ich einem jungen Man der sich als Student ausgibt, in ein staatliches


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