Page 6 - Willy Blaser - Mabuhay
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erkennen, wird in der Fachsprache als Prospektion bezeichnet. Dies bedingt Wissen, Erfahrung
und ein geschultes Auge. Es gibt zwar gewisse Gesetzmässigkeiten und „Goldene“ Regeln, auf
die sich der Prospektor stützen kann, doch die Laune der Natur hat schon manchem „Profi“
einen Streich gespielt. Ohne Kenntnisse Gold auf eigene Faust suchen zu wollen, ist
hoffnungslos. Verschiedene Goldwaschkursanbieter bieten Tageskurse an, um interessierten

Personen grundlegendes Wissen über Goldvorkommen sowie das Erlernen der Waschtechnik
mit der Goldwaschpfanne und der Waschrinne zu vermitteln.


Via Internet (http://www.goldprospector.ch) haben wir uns bei Stefan Grossenbacher für
einen solchen Tageskurs angemeldet. Stefan (39) ist von Beruf Goldsucher und Goldschmied.
Zwischen November und April ist er meistens in Neuseeland auf seinem „Claim“, einem 20 Km
langen Flussabschnitt, in welchem er mit einer Dredge (Unterwasserstaubsauger) Gold
gewinnt. Das gefundene Gold nimmt er in die Schweiz, wo er es zu besonderem Schmuck
verarbeitet. Gespannt ziehen wir zu unserem Treffpunkt im Napfgebiet los. Stefan erwartet
uns bereits, doch zunächst gibt es Theorie, denn ohne grundlegendes Wissen, an welcher

Stelle im Bach sich das Gold ablagert, sind die Chancen gleich null.


Es wird vermutet, dass das Gold vom Napf aus primären Vorkommen (Goldadern) aus dem
Monte Rosa Gebiet stammt. Dort wurde es durch Urflüsse vor 10-40 Millionen Jahren
aberodiert. Das Napfgebiet ist ein Schuttfach aus solchem Erosionsmaterial, das sich in rund
20 Millionen Jahren zur Nagelfluh verfestigt hat. Das Gold wurde durch sich einfressende
Bäche und durch natürliche Verwitterung (Erosion) in winzigen Flittern wieder frei gelegt und
bei Hochwasser bachabwärts transportiert. Ablagerungen mit erhöhtem Goldgehalt nennt
man Alluvionen oder Goldstreifen. Weil das Oberflächengestein laufend abgetragen wird,
reichert sich das dabei freigewordene Gold in den Wasserläufen an. Man spricht in einem
solchen Fall von Waschgold, weil es nur mittels der Goldwaschtechnik gefunden werden kann.

Gold kommt in der Natur nur selten in völlig reiner Form von 24 Karat vor. Das Napfgold hat
eine Feinheit von mehr als 23 Karat und ist daher sehr beliebt. Der Rest besteht aus
Verunreinigungen wie Silber und anderen Metallen. Im Napfgebiet besteht das Gold zu 99%
aus länglichen oder gerundeten kleinen Plättchen (Flitter) von sattgelber Farbe in der
Grössenordnung von 0,1 – 3 mm. Diese sind schon in der oberen Kiesschicht zu finden. Der
Waschvorgang beruht auf einer Dichtetrennung. Gold hat mit der Dichte 19.3 g/cm³ eine 6 – 8

mal höhere Dichte als das übrige Bachbettgeschiebe und sinkt daher schneller ab.
„Man hat herausgefunden, dass rund 70% des Goldes, das bei einem starken Gewitter oder
Hochwasser mit dem Bachgeschiebe talwärts geschwemmt wird, einem bestimmten Pfad
folgt. Dieser ist nur wenige Meter breit und wandert der Ideallinie entlang. Vergleichbar einem
Autorennfahrer führt dieser der Biegungsinnenseite entlang und folgt dem kürzesten Weg zur
nächsten Biegungsinnenseite. Goldablagerungen bilden sich folgedessen nur an Stellen, die auf
dem Goldpfad liegen – vorzugsweise am Ende einer Biegungsinnenseite“.
Ungeduldig hört Olga den Erklärungen von Stefan zu. Als wir noch zusätzliche Fragen stellen,



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