Page 7 - Willy Blaser - Mabuhay
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Endlich ist die Sicht frei! Kangchenzunga (8586 m)

Ohne Frühstück


Während der ganzen Woche bin ich jeden Tag um 6 Uhr auf der „Piste“. Die Berge zeigen sich
jedoch nur noch ein einziges Mal. Es ist zum Verzweifeln. Heute ist Montag. Als ich erwache

herrscht draussen dichter Nebel. Ich drehe mich um und schlafe weiter. Um halb neun treibt
mich aber doch der Hunger aus der angenehmen Wärme des Bettes. Auf‘s Duschen verzichte
ich heute. Es dauert jedesmal eine halbe Stunde bis das Wasser des Boilers aufgeheizt ist. Es
sind seltsam wenig Leute auf der sonst so lebhaften Strasse unterwegs. Es scheint wie
ausgestorben. Meine beiden tibetischen Restaurants, in denen ich üblicherweise frühstücke,
sind auch noch zu. Normalerweise sind die doch um 8 Uhr offen. Auch die Verkaufsstände an

der Nehru Road sind seltsamerweise nicht aufgestellt. Was ist denn heute los? Geht meine
Uhr falsch? Der Uhrzeiger des Glockenturms zeigt 06.08 Uhr an! Aber, das kann ja gar nicht
stimmen, denn um diese Zeit sind doch keine Schüler unterwegs. Ich gehe ins Hotel zurück
und erfahre, dass der Führer der Gorkha National Liberation Front (GNLF) am Vortag in
Kalimpong ermordet wurde und die Partei aus Protest einen 72stündigen Generalstreik
ausgerufen hat. Um 10 Uhr treibt mich der Hunger wieder hinaus. Ich laufe kreuz und quer
durch die Gegend um ein Restaurant ausfindig zu machen, wo ich endlich frühstücken kann.
Nach wie vor ist alles zu. Die können doch nicht einfach alles schliessen! Sollen denn die
Touristen verhungern? Ich bin sehr verärgert. Dazu noch dieser Nebel. Sollte sich das Wetter

in den nächsten Tagen nicht radikal bessern, reise ich ab, egal ob ich diese „blöden“ Berge nun
nochmals sehen kann oder nicht. Ich erkundige mich bei einem Verkehrspolizisten, der
gelangweilt herumsteht, wo ich denn irgend etwas zu Essen bekommen könnte.




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