Page 11 - Willy Blaser - Mabuhay
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Zurück an der Sudder Street besuche ich den Markt. Ganz in der Nähe befindet sich der "New
Market", ohne Zweifel eine der besten Einkaufsmöglichkeit Kalkuttas. Der aus roten
Ziegelsteinen gebaute Zeitglockenturm zeugt von den alten glorreichen Zeiten. Wie meistens
überall glauben die lieben, netten Verkäufer die Touristen "verarschen" zu können. Sehen wir
wirklich so blöde aus? Ich möchte für die kälteren Abende in Darjeeling eine billige, einfache
Jacke für 200 - 300 Rupien kaufen. Und was wollen die mir andrehen: eine Lederjacke für
6'300 Rupien! Einige unschöne Wörter zurücklassend, laufe ich davon...
So vergeht auch mein dritter Tag in Kalkutta. Kalkutta beginnt mir sogar langsam zu gefallen!
Doch für morgen ist Abreise angesagt. Wie schon letztes Jahr in New-Delhi, bin ich erstaunt,
wie gut das vollcomputerisierte Reservationssystem der indischen Staatsbahnen funktioniert.
Innert zehn Minuten habe ich meine Fahrkarte für den Nachtzug nach New Jaipalguri/Siliguri.
Ein Platz im Schlafwagen kostet für die 569 Km lange Strecke gerade 654 Rupien (Sfr. 19.-).
Darjeeling, ich komme....
Die Taxis in Kalkutta haben keine Klimaanlage. Man fährt mit offenen Fenster. Sind die Ampeln
auf rot ist es allerdings ratsam schnell das Fenster zu schliessen, ansonsten dich Kinder und
Frauen mit Betteln belästigen. Sie klopfen an die Fensterscheibe: "Baba, milk for baby". Wir
überqueren den Hugly-Fluss. Ich bin viel zu früh am Bahnhof Howrah. Der Zug fährt erst um
17.35 Uhr. Doch lieber etwas zu früh als im Verkehr stecken zu bleiben und dann den Zug zu
verpassen. Es ist ein riesiger Bahnhof. Es geht zu wie in einem Bienenhaus. Der Station
Manager weiss nicht genau auf welchem Gleis mein Zug, der Kamrup Express einfahren wird.
Gleis 9 oder Gleis 8. So warte ich mal mit meinem Rucksack auf Gleis 8 neben zwei Polizisten.
Hier sollte ich wenigstens sicher sein. Jedesmal wenn ein Zug einfährt, wird das Perron wie
von einer unendlichen Flutwelle von Leuten überschwemmt. Nach zwei Stunden wird durch
den Lautsprecher bekannt gegeben, dass mein Zug auf Gleis 8 abfahren wird. Ich wechsle
hinüber. Um sicher zu sein, frage ich noch etwa fünf verschiedene Leute. Mit 20 Minuten
Verspätung fährt der Zug ein. Die Wagen sind sehr schlecht angeschrieben. Auf meinen Billet
steht "Klasse A3". Wiederum muss ich mich durchfragen bis ich endlich weiss, wo einsteigen.
Es klappt. Mein Platz ist auch frei. Immer wieder muss ich darüber staunen wie schliesslich
doch alles klappt. Meine Reisebegleiter sind wiederum nette Leute. Zwei Geschäftsherren
sowie ein Ehepaar mit ihrer Tochter. Der Herr erzählt mir, dass er im Sommer in Engelberg
war. Es entsteht eine freundliche Diskussion. Die Tochter, sehr hübsch, ist Englisch-Lehrerin in
New-Dehli und spricht sogar etwas Deutsch. Zwischen den Stationen steigen unzählige
fliegende Händler ein und aus. Es wird alles mögliche verkauft. Um 20.30 Uhr wird endlich das
bestellte Nachtessen serviert. Es ist wie immer das gleiche: Gemüsesuppe, Reis, Poulet, Dal
und ein Chapati. Die Leute legen sich allmählich zum schlafen hin. "Tschai, Tschai, Koffee,
Tschai, Tschai" tönt es um sechs Uhr morgens. Den Reigen der Verkäufer beginnt mit den
Teeverkäufern. Vier Rupien für einen Becher. Um halb acht Uhr krieche ich aus der oberen